Mehr als Autokrise: Diese Herausforderungen beschäftigen den Maschinenbau wirklich

Der Strukturwandel in der Automobilindustrie wird über die Zukunft des Maschinenbaus entscheiden – heißt es. Das stimmt, ist aber doch nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt etliche andere Herausforderungen, denen sich die Branche ebenfalls stellen muss.

©Shutterstock
Automobilindustrie: Elon Musk hat es erkannt, Europa noch nicht. Es geht schon lange nicht mehr um den Wechsel beim Antriebssystem. 

Er wolle ja nicht schwarzmalen, sagt ein bekannter österreichscher Maschinenbauer, aber die Mobilitätswende wird für Automobil-Zulieferer viel härtere Folgen haben als bloß den Wechsel von einem Antriebsystem zum anderen: „Was in der Zukunft kommen wird, das werden quasi Smart Phones auf Rädern sein. Fahren wird da nur eine Funktion von vielen sein. Elon Musk hat das erkannt, die Europäer noch nicht.“

Das Urteil mag überzogen sein, aber der wahre Kern ist unübersehbar: Die Digitalisierung betrifft die Branche gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen liefern Maschinenbauer immer häufiger an Kunden, deren Geschäft digitalisiert ist, zum anderen müssen sie sich der Digitalisierung auch in der eigenen Produktion stellen. Ein Thema oder viel mehr ein Trend, dem Reed Exhibitions Austria auf der Fachmesse Intertool eine Bühne geben will.

 

Eine Schnittstelle für alle

Gerald Kastner kennt diesen Trend: „Was uns im Moment sehr beschäftigt, ist das Softwarethema“, sagt der Geschäftsführer von Bystronic Austria. „Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft einer flexiblen Automatisierung gehört. Dafür sind offene Schnittstellen nötig, an die ein Kunde Maschinen unterschiedlicher Anbieter anbinden kann.“ Aus diesem Grund entwickelt Bystronic seine Software so, dass man damit auch Maschinen anderer Hersteller ansteuern kann. Denn, davon ist Kastner überzeugt: „Auf Dauer kann die Strategie nicht aufgehen, dass man durch proprietäre Schnittstellen den Kunden quasi dazu zwingt, alle Anlagen von einem Anbieter kaufen zu müssen.“

©Bystronic Austria
„Auf Dauer kann die Strategie nicht aufgehen, dass man durch proprietäre Schnittstellen den Kunden quasi dazu zwingt, alle Anlagen von einem Anbieter kaufen zu müssen.“ Gerald Kastner, Geschäftsführer Bystronic Austria

Bei vielen Playern setzt sich diese Einsicht allerdings erst langsam durch. Aus der Sicht des Maschinenbauer-Verbandes VDMA ist die Frage, wie sich der offene Schnittstellenstandard OPC UA weiterentwickelt, daher absolut zentral. „Bei der Definition eines solchen OPC UA Standards hat Europa die Möglichkeit eine Vorreiterfunktion zu übernehmen. Weder China noch die  USA sind hier im Moment besonders weit“, sagt der Leiter der VDMA Geschäftsstelle Österreich Georg Priesner. China scheine allerdings durchaus bereit, sich europäischen Vorschlägen anzuschließen. Aus den USA höre man hingegen diesbezüglich wenig.

 

Bekannte Krux im 3D-Druck

Noch stärker als bisher werden in einer digitalisierten Umgebung auch neue Bearbeitungsverfahren abseits des Zerspanens ins Spiel kommen. Schon heute setzt sich der 3D-Druck als additives Verfahren im Bereich des Prototyping durch und hat durchaus das Potential,  auch in die Serienfertigung Eingang zu finden – vor allem dort, wo es um Gewichtsersparnis geht, die der 3D-Druck durch eine innere Struktur des Werkstücks schaffen kann. Das Haupthindernis für eine breitere Verwendung des 3D-Drucks ist im Moment allerdings noch sein Preis. Ein gedrehtes oder gefrästes Stahlteil, das um 700 Euro herstellbar ist, würde in 3D-Druck auf fast 4.000 kommen. „Der 3D-Druck rentiert sich im Moment oft noch nicht“, findet daher Peter Watzak-Helmer, der Geschäftsführer von Helmer Werkzeugmaschinen.

Im Bereich der Kunststoffe fällt dieser Nachteil noch stärker ins Gewicht. Bei einzelnen Anwendungen werde der 3D-Druck wohl auch hier zum Einsatz kommen, erklärt Mario Schirnhofer von Schirnhofer Werkzeugmaschinen und Werkzeuge, für die meisten Fälle ist der Spritzguss aber sowohl schneller als auch günstiger. Wenn es um neue Technologien geht, so seien seiner Meinung nach allerdings ohnehin eher die verschiedenen Laserverfahren spannend: „Ich sehe die Laserabtragtechnologie bzw. Lasersintertechnologie als ein Zukunftsfeld. Da wird sich viel tun, denn die Vorteile sind groß: Lasern ist verschleißfrei, man braucht keine Werkzeuge wie beim Fräsen oder Schleifen und vor allem kann man Werkstücke mit dem Laser extrem fein und genau bearbeiten.“ 

©Shutterstock
Eine Maschine, viele Prozesse: Egal ob 3D-Druck, Laser oder klassisches Zerspanen, Kunden wollen eine Maschine für alle Technologien.

 

Eine Maschine, viele Prozesse

Doch ob 3D-Druck, Laser oder klassisches Zerspanen: Unabhängig von der verwendeten Technologie stehen Maschinenbauer auch zunehmend vor der Herausforderung, dass ihre Kunden möglichst viele Prozesse auf ein und derselben Maschine durchführen wollen.  Der Wunsch nach ständig steigender Produktivität bei maximaler Flexibilität beschleunigt diese Entwicklung zusätzlich, wie Peter Watzak-Helmer anmerkt: „Prozessvereinigung, um den Anteil fertig fallender Teile in der Produktion zu vergrößern, ist sicher eines der großen Themen.“  Und auch die Bearbeitung von neuen, zum Teil  exotischen Materialien.

 

Grünes Denken schafft neue Geschäftsfelder

Letzteres hängt auch mit dem Trend zu noch mehr ökologischer Effizienz zusammen. Denn die Suche nach umweltverträglichen Alternativen bedeutet in vielen Bereichen auch die Notwendigkeit, neue Werkstoffe zu verwenden - sei es weil das ressourcenschonender sind, sei es weil sie grünere Produkte erlauben. Effizienz wird im Sinne der Ökobilanz wird aber auch immer stärker ein Anspruch an die Maschinenbauer selbst, wie Georg Priesner vom VDMA feststellt: „Ressourceneffizienz wird zunehmend zu einem Leitthema. Das bedeutet: Wer sparsame Maschinen baut, kann auch in Zukunft mit guten Aussichten rechnen.“

Der Ruf nach Ökologisierung schafft zugleich auch neue Geschäftsfelder, ergänzt Thomas Fietz, der Geschäftsführer von Wedco. Er erwartet jedenfalls, dass Elektroantriebe und saubere Energie für viele Maschinenbauer einen neuen Zugang zu ihrem Business ergeben könnten. „Der Energiebedarf der E-Wende wird zum Beispiel den Power-Consumption-Sektor beziehungsweise den Bau von Kraftwerken in den Fokus der Maschinenbauer rücken“